Wir sind nun seit knapp zwei
Monaten in Sambia und haben einige Einblicke in das Leben hier gewonnen. Vor
allem zu Beginn fiel es uns schwer, die Eindrücke und hiesigen Lebensumstände
einzuordnen. Nach welchen Kriterien sind sie zu bewerten? Die schweizerische Messlatte
kann nicht angelegt werden, welche aber dann? Nach einiger Zeit, einigen
Erlebnissen und vielen Gesprächen mit Locals und hier tätigen Europäern sind
uns die Umstände immer vertrauter und wir wagen eine subjektive Beschreibung
resp. Einschätzung, natürlich sehr geprägt von westeuropäischen Vorstellungen.
Typischer Markt an der Landeshauptstrasse in einem grösseren Dorf |
Häufiger Anblick: einfache Hütten, Plastik und Abfall liegt überall |
Sambia gehört
geografisch und vor allem wirtschaftlich zum südlichen Afrika. Flächenmässig
ist Sambia 18 Mal grösser als die Schweiz (750‘000km2) und hat knapp doppelt so
viele Einwohner (14.5 Mio). Als ehemalige britische Kolonie wurde es 1964
unabhängig und ist seither eine republikanische Demokratie. Das
Bruttoinlandprodukt pro Kopf betrug 2014 1650 $ Dollar (Schweiz 78‘000 $ pro
Kopf), der Human Developmet Index beträgt 0.561 (Weltrang 141. von 187, Schweiz
0.917 (Rang 3, 2013)).
Öffentliche Toilette in einem grösseren Dorf. Kosten: 2 Kwacha, WC Papier nur teilweise vorhanden, kein fliessendes Wasser, keine Spülung |
Mit Abstand die grösste Stadt ist die Hauptstadt Lusaka mit
knapp 2 Mio. Einwohner. Es gibt weitere kleinere Städte, doch ein Grossteil der
Bevölkerung lebt auf dem Land.
Sambia besitzt ca. 45% des Wasservorkommens des südlichen
Afrika, hat also im Vergleich zu den Nachbarländern relativ viel Wasser, aber
während der Trockenzeit ist Wasser trotzdem knapp. Auf dem Land haben die Meisten
kein fliessendes Wasser, sondern müssen das Wasser an Brunnen/Bohrlöchern
holen. Auf dem Land gibt es meistens auch keine Stromversorgung. Und selbst in
Lusaka gibt es seit ein paar Monaten pro Tag 8 Stunden Stromausfall wegen
Wasserknappheit im Wasserkraftwerk. Man hatte erst nach dem Ersetzen der alten
Turbinen durch die Chinesen gemerkt,
dass die neuen, chinesischen Turbinen 30% mehr Wasser verbrauchen!
Was für Privathaushalte lästig und in Spitälern gefährlich
ist, ist für die Wirtschaft eine Katastrophe. Gerade Kleinunternehmen können
sich keinen Generator leisten, um ihre Maschinen zu betreiben, sodass viele
Geschäfte schliessen mussten.
Wirtschaftlich ist Sambia momentan stark geschwächt mit
einer Inflation mit Schwächung der Währung (Kwacha) auf die Hälfte gegenüber
dem Dollar. Und Sambia ist sehr stark vom Import abhängig ist, weil es in
Sambia selber kaum Industrie oder Produktion von irgendetwas gibt. Fast alle
Güter werden aus Südafrika importiert! Wichtigste Einnahmequelle war bisher der
Export von Kupfer v.a. nach China. Doch wegen sinkender Nachfrage, schlechter
chinesischer Wirtschaftslage und fehlender Stromversorgung in den Minen (!) ist
der Gewinn rückläufig.
Wegen der Inflation sind die Preise in den Supermarkts
angestiegen, teilweise um 50-100%! Natürlich ohne dass die Löhne bisher
angepasst wurden. 1 Dollar entsprach im August 2015 noch 7 Kwacha, anfangs
November 2015 entsprach 1 Dollar 13 Kwacha.
Hier zur Illustration ein paar Einkommen von Leuten, die wir
getroffen haben (Lohn pro Monat, in Klammern in Dollar mit dem Umrechnungskurs
10:1):
- Bäckereiangestellte: 400 Kwacha (40 $)
- Angestellter Farmarbeiter: 700 Kwacha (70 $)
- Haushälterin: ca. 800 Kwacha (80 $)
- Krankenschwester: ca. 4000 Kwacha (400 $)
- Arzt: ab 15‘000 Kwacha (1500 $)
Ein kleines Einkommen von ein paar Hundert Kwachas muss oft
für eine grosse Familie reichen. Somit ist klar, dass sich viele Leute gerade
Maismehl, Tomaten und Blattgemüse leisten können, was sie dann zu jeder
Mahlzeit essen. Kartoffeln, Linsen oder sogar Pasta oder Eier liegen da nicht
drin.
Leider sind deshalb viele Kinder mangelernährt wegen
fehlender Proteinzufuhr und sind oft zu klein für ihr Alter. Und viele Leute
haben nicht mal eine Arbeit und somit auch keinen Lohn! Somit ist auch Kino (50
Kwacha), eine Busfahrt nach Lusaka (45 Kwacha) oder Kleiderkaufen in der Shoppingmall
(120 – 800 Kwacha pro Kleidungsstück) für viele ein Ding der Unmöglichkeit.
Eine Busfahrt ist immer ein Abenteuer. Verfügbare Sitzplätze: 14, Passagiere anwesend: 25. Leider sehr hohe Unfall- und Pannenrate. |
In Mpanshya gibt es nur den lokalen Markt, deshalb gehen wir
alle 2 Wochen zum Einkaufen nach Lusaka und decken uns mit haltbaren
Lebensmittel ein (wir haben keinen Kühlschrank, da wir auch keinen Strom
haben). Das eingeschränkte Angebot an Lebensmittel (ohne Kühlschrank z.B. kein
Fleisch, kein Jogurt, kein Rahm, Salat und Gemüse sind nur einige Tage haltbar)
und die einfache Kochweise mit Kohle (natürlich kein Backofen) haben dazu
geführt, dass wir immer wieder die gleichen, einfach zu kochenden Mahlzeiten
zubereiten. Es gibt abwechslungsweise Reis, Kartoffeln, Pasta und Linsen mit
Gemüse oder Tomatensalat. Praktisch
sind auch Konserven, z.B. Thunfisch. Was für uns relativ bescheiden ist, ist
jedoch für manche hier Luxus. Eine unserer Mahlzeiten kostet ca. 50
Kwacha. Und mit einem Monatslohn von einigen hundert Kwacha kann man sich
solche Mahlzeiten nie leisten! Während uns unser Frühstück mit Brot und
Peanutbutter zu Beginn recht bescheiden vorkam (wir dachten an Milch, Caotina,
Jogurt und Orangensaft), wurde uns schnell bewusst, dass das hier schon Luxus
ist. Wir haben auch beobachtet, dass leere Konservendosen aus unserem Abfall
rausgeholt wurden um sie weiterzuverwenden. Alle Aufbewahrungsmittel wie leere
Kaffeedosen etc sind sehr beliebt. Denn gerade Aufbewahrungsboxen und einfache
Einrichtungsgegenstände sind sehr teuer (über 100 Kwacha). Die Menschen leben hier in sehr einfach,
kleinen Hütten, Möbel oder ähnliches sucht man meistens vergebens!
In dieser 2-Zimmer Hütte lebt eine 10 Köpfige Familie. Dies ist eine klassische Wohnsituation einer sambischen Familie. |
Die Strohtoilette ist hinter dem Haus. |
Die Küche mit Hühnern. |
Tagsüber ist es oft zu heiss um sich an der Sonne aufzuhalten. |
Eher ein ungewöhnliches Bild. Kleiderwaschen oder allgemein Haushaltsarbeiten sind fast ausschliesslich Frauensache. |