Mittwoch, 2. Dezember 2015

Das Leben in Sambia - Teil 1

Wir sind nun seit knapp zwei Monaten in Sambia und haben einige Einblicke in das Leben hier gewonnen. Vor allem zu Beginn fiel es uns schwer, die Eindrücke und hiesigen Lebensumstände einzuordnen. Nach welchen Kriterien sind sie zu bewerten? Die schweizerische Messlatte kann nicht angelegt werden, welche aber dann? Nach einiger Zeit, einigen Erlebnissen und vielen Gesprächen mit Locals und hier tätigen Europäern sind uns die Umstände immer vertrauter und wir wagen eine subjektive Beschreibung resp. Einschätzung, natürlich sehr geprägt von westeuropäischen Vorstellungen.
Typischer Markt an der Landeshauptstrasse in einem grösseren Dorf

Häufiger Anblick: einfache Hütten, Plastik und Abfall liegt überall

Sambia gehört geografisch und vor allem wirtschaftlich zum südlichen Afrika. Flächenmässig ist Sambia 18 Mal grösser als die Schweiz (750‘000km2) und hat knapp doppelt so viele Einwohner (14.5 Mio). Als ehemalige britische Kolonie wurde es 1964 unabhängig und ist seither eine republikanische Demokratie. Das Bruttoinlandprodukt pro Kopf betrug 2014 1650 $ Dollar (Schweiz 78‘000 $ pro Kopf), der Human Developmet Index beträgt 0.561 (Weltrang 141. von 187, Schweiz 0.917 (Rang 3, 2013)).

Öffentliche Toilette in einem grösseren Dorf. Kosten: 2 Kwacha, WC Papier nur teilweise vorhanden, kein fliessendes Wasser, keine Spülung

Mit Abstand die grösste Stadt ist die Hauptstadt Lusaka mit knapp 2 Mio. Einwohner. Es gibt weitere kleinere Städte, doch ein Grossteil der Bevölkerung lebt auf dem Land.
Sambia besitzt ca. 45% des Wasservorkommens des südlichen Afrika, hat also im Vergleich zu den Nachbarländern relativ viel Wasser, aber während der Trockenzeit ist Wasser trotzdem knapp. Auf dem Land haben die Meisten kein fliessendes Wasser, sondern müssen das Wasser an Brunnen/Bohrlöchern holen. Auf dem Land gibt es meistens auch keine Stromversorgung. Und selbst in Lusaka gibt es seit ein paar Monaten pro Tag 8 Stunden Stromausfall wegen Wasserknappheit im Wasserkraftwerk. Man hatte erst nach dem Ersetzen der alten Turbinen durch die Chinesen gemerkt,  dass die neuen, chinesischen Turbinen 30% mehr Wasser verbrauchen!
Was für Privathaushalte lästig und in Spitälern gefährlich ist, ist für die Wirtschaft eine Katastrophe. Gerade Kleinunternehmen können sich keinen Generator leisten, um ihre Maschinen zu betreiben, sodass viele Geschäfte schliessen mussten.
Wirtschaftlich ist Sambia momentan stark geschwächt mit einer Inflation mit Schwächung der Währung (Kwacha) auf die Hälfte gegenüber dem Dollar. Und Sambia ist sehr stark vom Import abhängig ist, weil es in Sambia selber kaum Industrie oder Produktion von irgendetwas gibt. Fast alle Güter werden aus Südafrika importiert! Wichtigste Einnahmequelle war bisher der Export von Kupfer v.a. nach China. Doch wegen sinkender Nachfrage, schlechter chinesischer Wirtschaftslage und fehlender Stromversorgung in den Minen (!) ist der Gewinn rückläufig.
Wegen der Inflation sind die Preise in den Supermarkts angestiegen, teilweise um 50-100%! Natürlich ohne dass die Löhne bisher angepasst wurden. 1 Dollar entsprach im August 2015 noch 7 Kwacha, anfangs November 2015 entsprach 1 Dollar 13 Kwacha.


Hier zur Illustration ein paar Einkommen von Leuten, die wir getroffen haben (Lohn pro Monat, in Klammern in Dollar mit dem Umrechnungskurs 10:1):
- Bäckereiangestellte: 400 Kwacha (40 $)
- Angestellter Farmarbeiter: 700 Kwacha (70 $)
- Haushälterin: ca. 800 Kwacha (80 $)
- Krankenschwester: ca. 4000 Kwacha (400 $)
- Arzt: ab 15‘000 Kwacha (1500 $)
 
Ein kleiner Junge mit seinem wohl einzigem Spielzeug

Ein kleines Einkommen von ein paar Hundert Kwachas muss oft für eine grosse Familie reichen. Somit ist klar, dass sich viele Leute gerade Maismehl, Tomaten und Blattgemüse leisten können, was sie dann zu jeder Mahlzeit essen. Kartoffeln, Linsen oder sogar Pasta oder Eier liegen da nicht drin.
Leider sind deshalb viele Kinder mangelernährt wegen fehlender Proteinzufuhr und sind oft zu klein für ihr Alter. Und viele Leute haben nicht mal eine Arbeit und somit auch keinen Lohn! Somit ist auch Kino (50 Kwacha), eine Busfahrt nach Lusaka (45 Kwacha) oder Kleiderkaufen in der Shoppingmall (120 – 800 Kwacha pro Kleidungsstück) für viele ein Ding der Unmöglichkeit.

Eine Busfahrt ist immer ein Abenteuer. Verfügbare Sitzplätze: 14, Passagiere anwesend: 25. Leider sehr hohe Unfall- und Pannenrate.

In Mpanshya gibt es nur den lokalen Markt, deshalb gehen wir alle 2 Wochen zum Einkaufen nach Lusaka und decken uns mit haltbaren Lebensmittel ein (wir haben keinen Kühlschrank, da wir auch keinen Strom haben). Das eingeschränkte Angebot an Lebensmittel (ohne Kühlschrank z.B. kein Fleisch, kein Jogurt, kein Rahm, Salat und Gemüse sind nur einige Tage haltbar) und die einfache Kochweise mit Kohle (natürlich kein Backofen) haben dazu geführt, dass wir immer wieder die gleichen, einfach zu kochenden Mahlzeiten zubereiten. Es gibt abwechslungsweise Reis, Kartoffeln, Pasta und Linsen mit Gemüse oder Tomatensalat. Praktisch sind auch Konserven, z.B. Thunfisch. Was für uns relativ bescheiden ist, ist jedoch für manche hier Luxus. Eine unserer Mahlzeiten kostet ca. 50 Kwacha. Und mit einem Monatslohn von einigen hundert Kwacha kann man sich solche Mahlzeiten nie leisten! Während uns unser Frühstück mit Brot und Peanutbutter zu Beginn recht bescheiden vorkam (wir dachten an Milch, Caotina, Jogurt und Orangensaft), wurde uns schnell bewusst, dass das hier schon Luxus ist. Wir haben auch beobachtet, dass leere Konservendosen aus unserem Abfall rausgeholt wurden um sie weiterzuverwenden. Alle Aufbewahrungsmittel wie leere Kaffeedosen etc sind sehr beliebt. Denn gerade Aufbewahrungsboxen und einfache Einrichtungsgegenstände sind sehr teuer (über 100 Kwacha). Die Menschen leben hier in sehr einfach, kleinen Hütten, Möbel oder ähnliches sucht man meistens vergebens! 

In dieser 2-Zimmer Hütte lebt eine 10 Köpfige Familie. Dies ist eine klassische Wohnsituation einer sambischen Familie.
 
Die Strohtoilette ist hinter dem Haus.

Die Küche mit Hühnern.
Tagsüber ist es oft zu heiss um sich an der Sonne aufzuhalten.

Eher ein ungewöhnliches Bild. Kleiderwaschen oder allgemein Haushaltsarbeiten sind fast ausschliesslich Frauensache.